Sehr geehrter Herr Bedein,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 04. August 2020 an die Deutsche Botschaft Tel Aviv. Sie wurde dem Vertretungsbüro Ramallah übermittelt, da hier die Zuständigkeit für UNRWA liegt.
Die Bundesregierung ist unverändert der Auffassung, dass nur eine Zwei-Staaten-Lösung den legitimen Ansprüchen beider Seiten im Nahostkonflikt gerecht werden kann. Daher tritt sie entschieden für die Vision von zwei Staaten in sicheren Grenzen und in Frieden ein – einem jüdischen und demokratischen Staat Israel und einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat.
Die Unterstützung von UNRWA ist ein wichtiger Teil der deutschen Bemühungen, die Voraussetzungen für eine friedliche Lösung des Nahostkonfliktes zu schaffen.
Deutschland betrachtet das UN-Hilfswerk als regionalen Stabilitätsfaktor und wird sein politisches und finanzielles Engagement für diesen wichtigen Partner fortsetzen, insbesondere auch um Bildung für Kinder und Jugendliche zu ermöglichen.
Aus Sicht der Bundesregierung ist UNRWA aus einer sehr schwierigen Position heraus ernsthaft um die Einhaltung der UN-Neutralitätsprinzipien bemüht. Die Organisation muss dabei im Kontext des Nahost-Konflikts die Perspektiven des jeweiligen nationalen Bildungsministeriums, der palästinensischen Elternschaft und der internationalen Geber moderieren.
In den über 700 UNRWA-Schulen in den palästinensischen Gebieten, Jordanien, Syrien und dem Libanon werden 532.000 palästinensische Mädchen und Jungen unterrichtet mit Ergebnissen, die nach einhelligen Expertenauffassungen deutlich über dem Durchschnitt an öffentlichen Schulen in den Gebieten bzw. den Aufnahmeländern liegen. UNRWA ist gehalten, die in den Gebieten bzw. Aufnahmeländern herausgegebenen öffentlichen Schulbücher zu verwenden, um die Anschlussfähigkeit an höhere Schul- oder Berufsausbildung zu gewährleisten. UNRWA verwendet aber ergänzende Lehrmaterialien zu den Bereichen Menschenrechte, Konfliktbearbeitung und Toleranz. Diese Vorgehensweise entspricht der gängigen Praxis, die auch UNICEF oder andere UN- und Nichtregierungsorganisationen bei der Beschulung z.B. in Flucht- oder Vertreibungskontexten anwenden. In Gaza wird somit auf Grundlage des palästinensischen Curriculums gelehrt. Kritik an palästinensischen Schulbuchinhalten ist der Bundesregierung bekannt, das Vertretungsbüro Ramallah steht in engem Dialog mit der EU, in deren Auftrag derzeit eine wissenschaftliche Studie zu den palästinensischen Schulbüchern durchgeführt wird. Deren Ergebnisse werden für Ende des Jahres erwartet. Das palästinensische Bildungsministerium hat seinerseits Reformprozesse zur Überarbeitung der Schulbücher angestoßen.
In der Anlage finden Sie ein Papier, in dem UNRWA detaillierter zum Unterricht in ihren Schulen Stellung nimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Herold