Schon seine Doktorarbeit, die Mahmud Abbas 1982 an einer Moskauer Universität verfasst hat, strotzt vor antisemitischen Verleumdungen und macht die zionistische Bewegung für den Holocaust verantwortlich.
In unserem Wohnhochhaus ist 2005 Herr A. eingezogen. Herr A. ist ein Neonazi. Jeder im Haus, der es wissen wollte, hat das von Anfang an gewusst. Aber die meisten wollten es lieber nicht wissen, weil sie fürchteten, dass das »die Harmonie« stören würde. Man müsse doch zusammen unter einem Dach wohnen, da sollte man Herrn A. nicht brüskieren, haben sie gesagt.
Herr A. wirkt ja auch gar nicht wie ein Neonazi. Er trägt keine Tarnfarbenhosen, keine Springerstiefel und auch keine Bomberjacken. Er bevorzugt Anzug und Krawatte und sieht aus wie ein netter älterer Herr. Solange er nicht den Mund aufmacht, ist er eigentlich ganz okay. Manchmal freilich sagt er Sachen, die nicht ganz astrein sind. Etwa, als er meinte, Juden würden das Trinkwasser im Haus vergiften. Da waren dann schon alle ziemlich schockiert und haben sich plötzlich wieder daran erinnert, dass Herr A. ja ein Neonazi ist. Das wurde dann aber auch schnell wieder vergessen.
Schon kurz darauf wurde Herr A. wieder zu allen gemeinsamen Veranstaltungen im Haus eingeladen, und alle taten so, als wäre nichts geschehen. Alle mögen Herrn A. und das weiß er auch. Sie laden ihn immer wieder in ihre Wohnungen ein, lassen sich mit ihm fotografieren und überreichen ihm Geldgeschenke. Sie behandeln ihn wie einen Star, wie ihren Herrn, zu dem sie aufschauen. Darum sieht Herr A. gar nicht ein, dass er sich ändern muss. Zumal er schon viel länger im Haus wohnt als alle anderen. »Wenn die ausziehen, bin ich immer noch hier«, sagt er. »Die müssen sich nach mir richten. Und das tun sie auch.«
Überrascht vom Ewiggleichen
So oder so ähnlich geht es deutschen Bundesregierungen mit Mahmud Abbas, dem PLO-Chef und seit Jahren ungewählten Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, dessen demokratische Legitimation am 9. Januar 2009 endete. Womit er sich mittlerweile im 18. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit befindet.
Während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz im Berliner Kanzleramt letzten Dienstag wurde Abbas gefragt, ob er sich zum 50. Jahrestag des von palästinensischen Terroristen verübten Terroranschlags auf die israelische Olympiamannschaft 1972 in München bei Israel entschuldigen werde. Das scheint auf den ersten Blick eine naive Frage: Abbas’ Fatah feiert den Mordanschlag jedes Jahr zum Jubiläum und preist die Tat als »Qualitätsoperation«. Doch die Antwort von Abbas zeigte, dass es richtig war, die Frage zu stellen und ihm Gelegenheit zu geben, seine Sicht darzulegen. Abbas sagte:
»Israel hat seit 1947 bis zum heutigen Tag 50 Massaker in 50 palästinensischen Orten begangen. 50 Massaker, 50 Holocausts.«
Nun tun im politischen Berlin alle so, als wären sie überrascht. Abbas ist 87 Jahre alt; vielleicht dachte er im Moment seiner Antwort, er sei in Ramallah. Vielleicht ist er aber auch noch ganz bei Sinnen und weiß um die antrainierte Vergesslichkeit westlicher Politiker, die ihm nie etwas nachtragen. Hatte er nicht im Juli 2016 vom EU-Parlament tosenden Applaus geerntet, nachdem er in einer Rede behauptet hatte, Juden würden Brunnen vergiften? Wörtlich sagte Abbas damals:
»Erst vor einer Woche haben israelische Rabbiner eine deutliche Erklärung abgegeben: Sie verlangten von ihrer Regierung, das Wasser zu vergiften, um Palästinenser zu töten.«
Und hatten nicht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel Mahmud Abbas 2019 in Berlin empfangen, nur sechs Tage nachdem Terroristen von Abbas’ PLO die 17-jährige Israelin Rina Shnerb mit einer Bombe ermordet hatten (ein Mord, den Abbas naturgemäß nie verurteilt hat)? Die Bundesregierung brüstete sich damals gegenüber der Presse sogar damit, der »größte bilaterale Geber« von Abbas zu sein: »Im letzten Jahr haben wir 110 Millionen Euro eingesetzt.« Das war mehr als ein Drittel der 300 Millionen, die die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) jedes Jahr für die Ermordung von Juden ausgibt.
Holocaust-Relativierung an der Tagesordnung
Würde es in Berlin jemanden interessieren, wie die Palästinensische Autonomiebehörde regelmäßig Israelis und Nazis gleichsetzt und Israel einen »Holocaust« vorwirft, dann könnte man auch das wissen, es ist ja nicht geheim. Die Thesen, die in den Zeitungen und Fernsehsendern der auch von Deutschland finanzierten Palästinensischen Autonomiebehörde verbreitet werden, findet man auf der Website Palestinian Media Watchin englischer Übersetzung. Einige Beispiele:
- Mai 2022: »Israelische Gefängnisse sind identische Kopien von Auschwitz und den Todeslagern.«
- Mai 2021: »Israel wiederholt die Kristallnacht.« Israelische Gefängnisse »sind wie die Krematorien der Nazis«.
- April 2021: »Sie [die Israelis] machen mit den Palästinensern genau das, was Hitler mit ihnen gemacht hat. Was Eichmann mit den Juden in Österreich [sic!] gemacht hat, das machen sie, macht Naftali Bennett mit uns, genau das. Sie haben die Erfahrung kopiert.«
- Februar 2021: Netanjahu ist »das hässliche Gesicht von Mussolini und Hitler«.
Auf Facebook verbreitete Abbas’ Fatah-Partei im Jahr 2019, Juden hätten es aufgrund ihres angeblichen Charakters verdient gehabt, im Holocaust getötet zu werden. Mahmud Abbas selbst hat mit seiner Holocaust-Deutung auch in Deutschland schon Schlagzeilen gemacht, wenn auch sehr selten. Im Mai 2018 sagte er:
»Vom elften Jahrhundert bis zum Holocaust, der in Deutschland stattgefunden hat, waren jene Juden, die nach West- und Osteuropa zogen, alle zehn bis fünfzehn Jahre Massakern ausgesetzt.«
Die Ursache der »Massaker«, so Abbas, sei »deren soziale Funktion im Zusammenhang mit Banken und Zinsen« gewesen. Weiters behauptete Abbas, Hitler habe die Einwanderung der Juden nach Palästina unterstützt. Sogar die Deutsche Welle hat damals unter der Überschrift »Abbas’ Aussagen zum Holocaust sorgen für Entsetzen« davon berichtet. In dem DW-Bericht hieß es:
»Adolf Hitler habe die Einwanderung von Juden ins historische Palästina durch einen Deal zwischen dem deutschen Wirtschaftsministerium und der Anglo-Palestine Bank unterstützt, sagte Abbas in der Rede. Dadurch hätten Juden bei der Einwanderung all ihr Vermögen durch die Bank mitnehmen können.«
»Wer ist Mahmud Abbas wirklich?«, fragte das Magazin Cicero schon im August 2005. In dem Artikel wurde aus Abbas’ Doktorarbeit zitiert:
»Die zionistische Bewegung gab jedem Rassisten der Welt, angeführt von Hitler und den Nazis, die Erlaubnis, die Juden nach Gutdünken zu behandeln, solange die Einwanderung nach Palästina gewährleistet wurde. […] Zusätzlich zur Ermutigung der Verfolgung der Juden, damit diese ins Heilige Land emigrierten, wollten die Zionistenführer auch, dass Juden ermordet würden, weil mehr Opfer zu haben bedeutete, größere Rechte und stärkere Privilegien am Verhandlungstisch zu bekommen. Die Zionisten mussten die Zahl der Opfer erhöhen; mit diesen konnten sie dann bei der Abrechnung prahlen.«
Gaskammern, so Cicero, »finden in der Dissertation von Mahmud Abbas keine wahrhaft wissenschaftliche Würdigung. Es habe sie nicht gegeben. Abbas zitiert eine ›wissenschaftliche Studie‹ hierzu, die der französische Holocaust-Leugner Robert Faurisson erstellte.«
Der Cicero-Autor (dessen Name auf der Website nicht genannt wird) erinnerte auch daran, dass Abu Daoud, der Drahtzieher des Olympia-Massakers von München, in seiner Autobiografie schrieb, Mahmud Abbas sei als Schatzmeister der PLO direkt in die Anschlagplanung des Schwarzen Septembers eingebunden gewesen:
»In seiner Autobiografie ›Palästina: Von Jerusalem nach München‹ bezeichnet er Mahmud Abbas als ›den Finanzier unserer Operation‹. Abu Daoud will sich daran erinnern, wie Arafat und Abu Mazen [Kampfname von Mahmud Abbas; Anm. Mena-Watch] ihm Glück wünschten und ihn küssten, als er sich daranmachte, den Anschlag von München zu planen.«
Antisemtische Doktorarbeit
Auch der in den USA geborene israelische Soziologe, Sozialarbeiter und Journalist David Bedein – als wichtigster Beobachter und Kritiker des Palästinenserhilfswerks UNRWA ein häufiger Gesprächspartner von Mena Watch – hat Abbas’ Dissertation gelesen und sie 2011 in einem Artikel kommentiert. Einige wichtige Punkte aus Bedeins Beitrag:
- Der Titel von Abbas’ Doktorarbeit lautet »Zionistische Führung und die Nazis«. »Darin befasst sich Abbas mit ›den geheimen Verbindungen zwischen den Nazis und der Führung der zionistischen Bewegung‹«, so Bedein.
- Die Dissertation wurde 1982 in Moskau am Patrice Lumumba Institute for Oriental Studies verfasst. »Dieses Institut wurde von Yevgeny Primakov geleitet, einem Juden, Arabisten, Verbündeten von Saddam Hussein und anderen arabischen Herrschern und späteren [von 1998 bis 1999; Anm. Mena-Watch] Premierminister von Russland«, so Bedein.
- »Abbas behauptet in seiner Arbeit, dass die zionistische Führung daran interessiert gewesen sei, die Welt davon zu überzeugen, dass eine große Anzahl von Juden während des Krieges getötet wurde, um nach dem Krieg ›größere Gewinne zu erzielen‹ und ›die Beute aufzuteilen‹.«
- Abbas’ Doktorarbeit, so Bedein, wolle »tatsächlich Zweifel aufkommen lassen, dass Gaskammern verwendet wurden, um Juden zu töten«. »Abbas geht so weit zu behaupten, dass Gaskammern nicht verwendet wurden, um jemanden zu töten, sondern nur, um ihn zu desinfizieren und Körper zu verbrennen, um Krankheiten vorzubeugen.«
- »Abbas’ zentrales Thema ist, dass die zionistische Bewegung und ihre verschiedenen Zweige Hand in Hand mit den Nazis gegen das jüdische Volk gearbeitet und mit ihnen bei der Vernichtung der Juden kollaboriert hätten.«
Von Mena-Watch um einen Kommentar zu Abbas’ jüngsten Äußerungen gebeten, schreibt Bedein per E-Mail:
»Abbas’ Kommentare zum Holocaust, die er in Berlin getätigt hat, machen deutlich, dass es an der Zeit ist, zu fordern, dass Abbas seine Doktorarbeit aus den Schulen und Bibliotheken der Palästinensischen Autonomiebehörde und der UNRWA entfernt.«
Zudem müsse Abbas »die These seiner ›akademischen‹ Arbeit widerrufen und verurteilen, wonach die zionistische Bewegung für den Holocaust verantwortlich gewesen sei«. Für »jede Nation«, so Bedein weiter,
»ist die Zeit gekommen, Wirtschaftshilfe an die PA und die UNRWA an die Forderung zu knüpfen, dass die PA und die UNRWA ihren Krieg gegen die Juden einstellen, den sie über ihre Schulen, Kunst- und Jugendklubs führen. Es ist an der Zeit, dass alle Gebernationen die UNRWA auffordern, Waffen- und Munitionsinspektionen an allen PA- und UNRWA-Schulen durchzuführen und Jugendbanden zu entwaffnen, ein für alle Mal. Es ist an der Zeit, dass die UNRWA in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Vereinten Nationen und nicht in Übereinstimmung mit dem Diktat terroristischer Organisationen handelt.«